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Barrieren in der partizipativen, inklusiven Technikentwicklung

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Der vorliegende Beitrag setzt sich mit Faktoren auseinander, die möglicherweise Barrieren in der partizipativen und inklusiven Technikentwicklung darstellen. Als Barrieren werden hierbei Bedingungen verstanden, welche die erfolgreiche inklusive sowie partizipative Technikentwicklung behindern können. Der Beitrag fasst strukturelle, organisationale, intra- und interpersonale sowie technikbezogene Barrieren zusammen und nennt dafür Beispiele. Er gibt zudem einen Ausblick auf den Umgang mit diesen Barrieren.

Relevanz des Fachartikels

Partizipative Technologieentwicklungen zeigen im Kontext von Pflege, Schule sowie im privaten Raum erste Erfolge in der Inklusion ihrer Nutzer*innen. Aus den Studien lassen sich Potenziale wie neue zeitliche Ressourcen oder eine selbständige Lebensführung ableiten. Die partizipativen und inklusiven Methoden der Technologieentwicklung wurden jedoch im Kontext der Sozialen Arbeit kaum erforscht. Mit dem Ziel, einerseits digitale Inklusion explizit vulnerablen Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen sowie andererseits die Digitalisierung in sozialen Einrichtungen inklusiv und partizipativ zu gestalten, sollten Erkenntnisse von bereits bestehenden Forschungen, wie Pflege und Schule, bezüglich ihrer Anwendbarkeit geprüft werden (Mildenberger et al., 2022). Neben neuen Chancen für die Soziale Arbeit sind durchaus Herausforderungen erwartbar. Um Barrieren in der partizipativen sowie inklusiven Technologieentwicklung abbauen zu können, müssen diese zunächst identifiziert werden. Die Auseinandersetzung mit möglichen Barrieren in der inklusiven sowie partizipativen Technikforschung ist nicht zuletzt deshalb relevant, weil es bislang kaum einheitliche Vorgaben zur Durchführung der partizipativen Entwicklungsprozesse gibt. Es fehlt dabei nicht nur an Beispielen guter Evaluationspraxis, sondern insbesondere an einem theoretisch fundierten Rahmen. Die Untersuchung von Herausforderungen in den Prozessen kann dazu beitragen, einen Katalog gemeinsamer Qualitätskriterien zu entwickeln (Weidekamp-Maicher, 2021). Zur partizipativen Forschung gibt es hingegen Grundlagenwerke, die Güte und Qualität des gemeinsamen Forschens mit vulnerablen Kindern und Jugendlichen diskutieren (Hauser 2020). Solche systematischen Übersichten zur partizipativen Technologieentwicklung im Kontext der Sozialen Arbeit existieren in dieser Form nicht. Es fehlen konkrete Handlungsempfehlungen zur Gestaltung und Anwendbarkeit partizipativer als auch inklusiver Entwicklungsprozesse. Daraus ergeben sich folgende Fragen: Wie kann ein partizipativer sowie inklusiver Prozess zur Technologieentwicklung mit vulnerablen Kindern und Jugendlichen erfolgreich durchgeführt werden? Welche Barrieren und Herausforderungen können innerhalb partizipativer und inklusiver Technikentwicklung auftreten? Welche weiteren Barrieren können relevant sein, die z. B. in der partizipativen Forschung auftreten?

Barrieren in der partizipativen Forschung und Technikentwicklung

Der Forschungsstand zur Digitalisierung der Sozialen Arbeit diskutiert im Kontext von Barrieren den ‚digital divide‘. Dabei handelt es sich um ein mehrdimensionales Phänomen: Auf der ersten Ebene beschreibt es eine digitale Spaltung der Gesellschaft aufgrund von ungleichen Zugangsmöglichkeiten zu Technologien und auf der zweiten Ebene eine digitale Ungleichheit bei der Nutzung von Technologien sowie der damit verbundenen Kompetenz (Iske & Kutscher, 2020). Hinzu kommt eine übergeordnete Ebene, die eine potenzielle Diskriminierung von Personengruppen durch Algorithmen und infrastrukturell-technologische Barrieren umfasst. Diese Dimension wird sowohl als ‚zero-level digital divide‘ (Verständig et al, 2016) als auch als ‚third-level digital divide‘ (Zorn, 2017) bezeichnet. Auf Basis einer Literaturrecherche zu Barrieren innerhalb der Technikentwicklung wurde eine Einteilung von potenziellen Barrieren in folgende Kategorien vorgenommen: Strukturelle Barrieren, Organisationale Barrieren, Intrapersonale Barrieren, Interpersonale Barrieren und Technikbezogene Barrieren.

Strukturelle Barrieren

Strukturelle Barrieren können räumliche oder finanzielle Barrieren, Berührungsängste, Reglementierungen sowie Barrieren für die Verschränkung der beteiligten Systeme sein. Kinder und Jugendliche, die in Erziehungs- oder Eingliederungshilfen leben, sind an die Zugangsbedingungen und Kontextfaktoren der Einrichtungen gebunden. Die Hilfseinrichtungen besitzen begrenzte finanzielle Ressourcen für Technologien und häufig wenig Bewusstsein für das Potenzial digitaler Innovationen. Neben der Barriere durch die unzureichende Infrastruktur und Ausstattung ist die Nutzung von vorhandenen digitalen Geräten in den Einrichtungen der Sozialen Arbeit häufig stark reglementiert. Eine Vielzahl von Fachkräften in der Sozialen Arbeit steht Technologien eher kritisch oder abwartend gegenüber (Goldkind et al., 2016). Daraus ergibt sich eine Barriere bei der Kompetenzvermittlung für die vulnerablen Kinder und Jugendlichen. Digitale Geräte halten nur begrenzt Einzug in Einrichtungen der Sozialen Arbeit (insbesondere in Wohnformen). Daraus ergibt sich auch, dass die Partizipation mit Technologien unterdurchschnittlich ausgeprägt ist (Adrian et al., 2017; Mayerle, 2019). Ebenso wie viele Fachkräfte können sich auch Entwickler:innen oder Forschende abwartend in der Zusammenarbeit mit vulnerablen Zielgruppen verhalten. Dies verstärkt sich durch mangelnde Erfahrungen in inklusiven und partizipativen Prozessen. In der Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen sind auch datenschutzrechtliche Vorgaben relevante Barrieren. Das kann zur Folge haben, dass manche Apps nicht benutzt werden dürfen, da sie die von der Einrichtung festgelegten Datenschutzrichtlinien nicht erfüllen. Des Weiteren müssen die sozialen Einrichtungen den Forschungsprojekten zustimmen, und die Kinder und Jugendlichen bzw. ihre Erziehungsberechtigten müssen informiert das Einverständnis für die Vorhaben erklären (Klein 2021). Weitere strukturelle Barrieren können sich aus eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten aufgrund von begrenzten finanziellen Ressourcen ergeben. Partizipative Forschung oder Technikentwicklung im Rahmen eines drittmittelgeförderten Projekts ist stets an die Mittel des Projekts und deren zulässigen Verwendungszweck gebunden (Otten 2019).

Organisationale Barrieren

Auf der Organisationsebene ergeben sich Barrieren durch veraltete Routinen, Prozesse der Entscheidungsfindung, Ressourcen sowie durch eine gewisse strategische Planstruktur (Radermacher 2006). Routinen, die nicht von Zeit zu Zeit reflektiert werden, können einen Ablauf verlangsamen oder sogar behindern, weil sie nie hinterfragt und immer wieder reproduziert werden. In der Entscheidungsfindung entstehen insofern Barrieren, als Absprachen zu Entscheidungen zur Scheinpartizipation führen. Das heißt, Ideen werden von unterschiedlichen Interaktionspartner:innen eingeholt, fließen aber nicht in den tatsächlichen Prozess der Entscheidungsfindung mit ein. Eine scheinbare Partizipation kann jedoch auch entstehen, wenn die Adressat:innen eines Projekts zu spät miteinbezogen werden, die Beteiligung nicht auf Augenhöhe stattfindet oder Informationen zum Verständnis des Projekts und dessen Vorgehen fehlen. Ein weiteres Risiko für eine Scheinpartizipation entsteht, wenn Teilnehmende nicht als Mit-Forschende betrachtet werden. Sie werden indes in partizipativen Prozessen nicht be-forscht, sondern sollen aktiv mit-forschen. Partizipation ist häufig eine Form der Werbung für Projekte, sodass die Motivation, ein Projekt partizipativ zu gestalten, mit einem Anreiz zur positiven Außenwirkung bzw. -darstellung einhergeht. Potenziell Teilnehmende werden also für diesen Zweck ausgenutzt (Klein, 2021). Wichtige Ressourcen für eine erfolgreiche Partizipation können zudem Zeit (Gamsjäger & Wetzelhütter, 2020; Otten, 2019) und Zugangsbedingungen für partizipative und inklusive Prozesse sein (Bergold&Thomas, 2010; Kucharski&Merkel, 2018). Diese Voraussetzungen können – wenn sie nicht oder nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind – ebenfalls potenzielle Barrieren darstellen. Unterschiedliche Erwartungshaltungen können eine weitere organisationale Barriere sein. Es können Konflikte in Planung und Durchführung – insbesondere in den Absprachen mit den Partizipierenden – entstehen (Klein, 2021). Manchmal werden Erwartungen der Teilnehmenden nicht ganz erfüllt, und Forschende nehmen auf individuelle Wünsche weniger Rücksicht. Es gibt Phasen innerhalb eines Projekts, in denen weniger gemacht wird und Dinge erst entwickelt werden müssen. Das muss kommuniziert werden, damit alle Beteiligten Geduld und Verständnis aufbringen können (Friedhof, 2017). Unter dem Aspekt von Erwartungen ist es zudem essenziell, dass Forschende auch Kontextfaktoren berücksichtigen, die sich auf die beeinträchtigten Personen auswirken (Eggert & Jochim, 2019). Denn wenn Forschung mit Teilnehmenden betrieben wurde, die beispielsweise auf Bezugspersonen angewiesen sind, hat dies ebenfalls Auswirkungen auf den Forschungsprozess. So können sich Konflikte negativ auf den Forschungsprozess auswirken. Eine weitere Barriere können unterschiedliche Erwartungshaltungen der Teilnehmenden und Bezugspersonen darstellen (Klein, 2021). Es braucht demnach sowohl Offenheit als auch Möglichkeiten des Ausgleichs und des Steuerns in partizipativen Prozessen. Zu viel Offenheit birgt ein Risiko der Überforderung, während zu viel Steuerung die Entwicklung von Ideen einschränken kann (ebd.). Es muss also eine Balance herrschen. Durch Forschung in stationären Settings ist der Alltag von Teilnehmenden geprägt von Einschränkungen und Fremdbestimmung. Dies macht es in Teilen schwer, die Teilnehmenden nach ihren persönlichen Meinungen zu befragen (Klein 2021).

Intrapersonale Barrieren

Intrapersonale Barrieren werden in der Regel mit kognitiven Fähigkeiten wie Lernschwierigkeiten, Überforderung oder Kompetenzen verbunden, darüber hinaus können dies auch emotionale Herausforderungen sein. Dabei geht es um die Einzelperson der Zielgruppe und was diesem Individuum innewohnt (Radermacher 2006). Eingeschränkte kognitive Fähigkeiten erschweren die zwischenmenschliche Interaktion und Kommunikation im Forschungsprozess. Zudem können Verhaltensmechanismen wie Fremd- oder Selbstverletzung eine Schwierigkeit im Miteinander darstellen (Keeley et al. 2019). Das kann finanziell und zeitlich einen Mehraufwand für die Forschenden mit sich bringen. Zudem kann es auch die Legitimation einer Forschung in Frage stellen, wenn Dritte an der Kompetenz von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen im Forschungskontext zweifeln (Terfloth, 2009). Radermacher (2006) verdeutlicht diese (teilweise emotionalen) Barrieren in Untersuchungen mit kognitiv eingeschränkten Menschen im Rahmen partizipativer Forschung: Menschen haben sich während des partizipativen Prozesses deutlich verstellt oder zurückgehalten. Es kommt zu Wutausbrüchen oder persönlicher Kränkung. Mit Blick auf Personen, die Lernschwierigkeiten haben, rückt nicht allein die Kompetenz der Personen in den Vordergrund, sondern auch der Zweifel anderer Personen an ihren Fähigkeiten. Aussagen über Personen mit Lernschwierigkeiten können hinderlich sein. Dies wird in der Literatur als „Arbeiten gegen das System Behindertenhilfe“ (Klein 2021, S. 57) bezeichnet. Zusätzlich beschreibt Klein einen höheren Arbeitsaufwand im Umgang mit Lernschwierigkeiten hinsichtlich der Sprache – also der Frage, wie Dinge formuliert und kommuniziert werden. Wenn Inhalte zu kompliziert formuliert werden, dann kann dies zu Überforderung führen. Projektleitende müssen sich über Kompetenzen bewusst sein und erkennen, wann Teilnehmende Schwierigkeiten haben. Gerade vermeidbare Überforderungen gilt es im Vorfeld zu erkennen. Dazu gehören unter anderem auch ungewohnte Situationen, die für die Teilnehmenden überfordernd wirken können. Projektphasen sollten beispielsweise nicht zu offen gestaltet sein, da sich die Freiheiten schnell in Überforderung entwickeln können. Die teilnehmenden Personen mit Lernschwierigkeiten sollten darauf vorbereitet werden, was sie erwartet. Mögliche Konflikte sollten im Idealfall zuvor bedacht und minimiert werden, dabei hilft auch die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Bezugs- und Betreuungspersonen (Klein, 2021). Neben Personen mit Behinderungen werden auch immer häufiger ältere Menschen in partizipative Forschungsprozesse miteinbezogen. Alter wirkt sich nämlich auch stark auf die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien aus. Die Literatur zeigt, dass einige Projekte sich auf ältere Menschen fokussieren (Mildenberger et al., 2022). Barrieren entstehen jedoch auch bei jungen Leuten aufgrund ihres Alters. Das äußert sich zum Beispiel insofern, als Kinder unter zehn Jahren ihre Gedanken noch nicht selbst reflektieren und verbalisieren können. Eine abstrakte Denkweise fällt ihnen teilweise noch schwer. Das heißt, dass hier ein Spielraum zur Deutung der Aussagen vorliegt. Kinder sehen die Welt anders als Erwachsene (van Mechelen, 2016).

Interpersonale Barrieren

Interpersonale Barrieren können mangelnde Heterogenität einer Gruppe, zugleich aber auch die Diversität einer Zielgruppe sein. Gewisse Teamdynamiken erschweren ebenso den partizipativen Forschungsprozess. Wenn es an Vielfalt in einer Gruppe mangelt, dann können Ergebnisse kaum repräsentativ sein (Rosenbaum et al., 2017). Eine mögliche interpersonale Barriere stellt auch die Dynamik innerhalb eines Teams dar. Dabei geht es unter anderem um das Miteinander innerhalb des Teams und der Teamprozesse. Untersuchte Projekte zeigen, dass interpersonale Barrieren Forschungs- und Entwicklungsprozesse beeinflussen können. Dehnt man den Begriff ‚Interpersonal‘ aus – auf ein generelles soziales Miteinander – so kann eine Diskriminierung ebenso als Barriere identifiziert werden. Oft wird suggeriert, dass die Störung oder Beeinträchtigung das größte Hindernis sei. Befragungen legen jedoch nahe, dass es vor allem negative Haltungen und Einstellungen sind, die eine Barriere für Menschen mit Beeinträchtigung darstellen (Radermacher, 2006). Diese Barrieren können jedoch nicht nur im Kontext von Behinderung identifiziert werden, sondern auch in anderen Diskriminierungsformen wie beispielsweise im Rassismus. Institutioneller Rassismus meint nicht allein Vorurteile und Diskriminierung; zusätzlich liegen ungleiche Zugangsmöglichkeiten vor (bezogen auf Bildung, Wohnen, Arbeit, Krankenversicherung und saubere Umgebung). Neben dem institutionellen stellt auch der internalisierte Rassismus eine Barriere dar, denn verinnerlichte Denkmuster wirken sich auch auf einen Forschungsprozess aus (Dancy et al., 2004). Denkbare Barrieren wären auch andere Formen von strukturellen Benachteiligungen wie zum Beispiel Sexismus, Diskriminierung aufgrund des Alters einer Person oder der Religion, oder LSBTIQ*-Feindlichkeit. Zuvor wurde die mangelnde Heterogenität kritisiert, doch auch Heterogenität birgt Herausforderungen. Heterogene Gruppen bringen aufgrund von unterschiedlicher Motivation, Kontaktbereitschaft und Frustrationstoleranz ein Konfliktpotenzial mit sich (Rosenbaum et al., 2017). Dies kann ebenfalls zu Hürden und Barrieren im Forschungsprozess führen.

Technikbezogene Barrieren

Barrieren beziehen sich bei inklusiven, partizipativen Projekten im Bereich der Technik auch auf die technischen Elemente selbst. Klein (2021) zeigt in ihrer Arbeit auf, dass unter anderem auch datenschutzrechtliche Vorgaben, fehlende Medienkompetenz und mangelnde technische Ausstattung zu eingeschränkten Möglichkeiten bei einem solchen Entwicklungsprozess führen können. Es gilt zudem aufzuzeigen, wie verwoben die verschiedenen Aspekte von Barrieren sind und wie verschiedene Ursachen das gleiche Problem forcieren können. Es kann vorkommen, dass sich technische Hilfsmittel in einem Technikentwicklungsprojekt nicht durchsetzen können. Dies wird zum einen mit einer mangelnden Nutzerfreundlichkeit begründet (Braeseke, 2010) und zum anderen mit Technologien, die nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprechen (Theussig, 2012). Manchen Teilnehmenden fehlt es an Fähigkeiten, um digitale Geräte wie Handys oder Computer zu bedienen; sie haben zu wenige bis gar keine Berührungspunkte mit Technologien gehabt (Klein, 2021). Dies führt zu sogenannten Technikkonflikten, welche stressbehaftet und an fehlende Medienkompetenz geknüpft sind. Hinzu kommen dann Probleme bei der Bedienung (Weidekamp-Maicher, 2021). Unbekannte Technologien können, wie zuvor erwähnt, zu Hürden führen, da diese Techniken von Einrichtungsleitungen verboten werden könnten oder gegen datenschutzrechtliche Aspekte innerhalb der Einrichtung verstoßen. Dabei ist anzumerken, dass nicht nur die Teilnehmenden kaum Medienkompetenz besitzen, sondern auch das pädagogische Betreuungspersonal eine fehlende Medienkompetenz aufweisen kann (Klein, 2021). Es ist möglich, dass beide Seiten mangelnde Erfahrung mit Technik aufweisen, wohingegen pädagogisches Personal aufgrund der Machtstrukturen durch die eigene Unsicherheit im Umgang mit Technik Hürden aufbaut und die eigenen Schwierigkeiten auf die Teilnehmenden des Projekts überträgt (Eggert & Jochim, 2019). Hardware oder Internetanschluss, die in Teilen an finanzielle Bedingungen geknüpft sind, sind nicht immer zugänglich (Klein, 2021). Hinzu kommen datenschutzrechtliche Hürden, die teilweise auch den Zugriff auf Apps verhindern, sodass hier ein Ungleichgewicht zwischen Bewohner:innen in Erziehungs- und Eingliederungshilfen und anderen Jugendlichen herrscht.

Mögliche Lösungen zum Abbau der Barrieren

Wie können Barrieren konkret abgebaut werden? Hierfür müssen die Perspektiven von Personen miteinbezogen werden, die selbst von Barrieren betroffen sind (Friedhof, 2017). Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Barrieren abzubauen; so beschreibt Rudloff (2018) beispielsweise als räumliche Anforderungen eine einfache Zugänglichkeit sowie Verfügbarkeit von Hilfsmitteln. Klein (2021) benennt Vertrauen, welches Stabilität und Sicherheit verspricht. Andere wiederum diskutieren Barrieren analytisch und theoretisch: So schlagen Grates und Nowak (2018) eine Sozialraumanalyse vor, und Linke und Wilkens (2019) diskutieren das Begriffsverständnis von Behinderung und Barriere im Kontext von Berührungsängsten. Im Folgenden berufen wir uns jedoch auf fünf klare Handlungsempfehlungen, um erste Barrieren abzubauen (Zorn & Mildenberger, 2023):

  1. Partizipative Forschungsprozesse können selbst Barrieren abbauen, da sie Ermächtigung und Bildung beteiligter Jugendlicher fördern. Sie sollten demnach trotz möglicher Herausforderungen gefördert werden. Die Erprobung durch partizipative Prozesse der Formate unter spezifischen Bedingungen ist dabei relevant, um passgenau Bedarfe zu unterstützen.
  2. Es bietet sich an, Methoden zur partizipativen Technikentwicklung zu wählen, die nahe an der Lebenswelt von Jugendlichen sind. Dabei können Methoden anderer Forschungsfelder – wie Design oder Informatik – hinzugezogen werden.
  3. In Kontexten der Sozialen Arbeit sind die infrastrukturell-technologische Situation in den beteiligten Einrichtungen sowie die verfügbaren zeitlichen und finanziellen Ressourcen zu klären; der Herstellung eines sicheren Raumes ist Priorität einzuräumen. Dazu zählen die Reduzierung sprachlicher und kommunikativer Barrieren sowie die Berücksichtigung von Datenschutz- und Geheimhaltungsaspekten bei der Datenerhebung in sensiblen Kontexten.
  4. Um die Vielzahl der Barrieren eines partizipativen Entwicklungsprozesses abzubauen, gilt es diese systematisch zu reflektieren. Diese Reflexion ist notwendig für die Qualität und Relevanz der digitalen Technologien.
  5. Die Herausforderungen für Zielgruppen, die potenziell unter Diskriminierungstendenzen leiden könnten, umfassen auch die Rücksichtnahme auf die spezifischen Anforderungen sowie die Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses für Problem und Lösung.

Quellen:

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